4. November 2021
Radio Free Asia (RFA), www.rfa.org

China vertreibt junge Tibeter aus den Klöstern in der Provinz Qinghai

Diese Maßnahme bedrohe die Bindung der jungen Tibeter an ihre Religion und Kultur, sagen einige Analysten.
Die Behörden in der nordwestchinesischen Provinz Qinghai zwingen junge tibetische Mönche, ihre Klöster zu verlassen und zu ihren Familien zurückzukehren, was ihre Verbindung zu Tibets traditioneller Religion und Kultur gefährdet.
Die Maßnahme, die in einer Verordnung des Amtes für religiöse Angelegenheiten am 1. Oktober angekündigt wurde, hat bereits dazu geführt, daß Novizen im Alter von 11 bis 15 Jahren aus dem Kloster Dhitsa in Qinghai, historisch betrachtet Teil der nordosttibetischen Region Amdo, vertrieben wurden, so eine Quelle aus der Region in einer schriftlichen Mitteilung an RFA.

Kloster Dhitsa in Qinghai

„Auch junge Mönche im Kloster Jakhyung und anderen Klöstern in Qinghai wurden gezwungen, ihre Roben abzulegen und werden nach Hause geschickt“, verlautet von der Quelle von RFA, die sich nur unter der Bedingung der Anonymität äußerte. „Regierungsbeamte inspizieren nun diese Klöster, um sicherzustellen, daß die Vorschriften eingehalten werden.“

Seit dem 20. Oktober ist die neue Vorschrift in Kraft, „und höhere Beamte haben sie sehr streng angewendet“, so die Quelle, wobei die Zahl der jungen Mönche, die bisher dieser Vorschrift folgend aus dem Kloster verwiesen wurden, noch unklar sei.

„Aber man hat ihnen gesagt, daß sie nicht mehr in die Klöster zurückkehren und keine Mönchsroben mehr tragen dürfen; ob sie nun auf staatliche Schulen geschickt werden oder nicht, ist ebenfalls unklar“, erklärte die Quelle. „Keiner von ihnen wurde gezwungen, Mönch zu werden, sie mit dem Einverständnis ihrer Eltern in die Klöster eingetreten.“

Die neue Verordnung besagt, daß Klöster in Qinghai keine minderjährigen Knaben mehr als Mönche aufnehmen oder ihnen die Teilnahme an religiösen Aktivitäten gestatten dürfen, nennt aber nicht die notwendige Altersgrenze, so die Quelle.

Kloster Jakyung

Die Behörden in den tibetisch besiedelten Regionen des benachbarten Sichuan hatten bereits vor drei Jahren damit begonnen, junge Mönche aus ihren Klöstern zu entfernen, damit sie in staatliche Schulen zurückkehren und lernen, „der Gesellschaft zu dienen“, so tibetische Quellen in früheren Berichten.

Viele von ihnen hatten in den Klöstern Kurse in buddhistischer Philosophie und Logik belegt, und einige waren die besten Schüler ihrer Klasse, so die Quellen.

Chinesische Behörden versuchen seit langem, die Größe und den Einfluß der tibetisch-buddhistischen Klöster, die traditionell einen Schwerpunkt der tibetischen kulturellen und nationalen Identität darstellen, einzuschränken.

„Vor 2008 war es laut einer in Lhasa erlassenen staatlichen Verordnung niemandem unter 18 Jahren erlaubt, in ein Kloster einzutreten“, meinte Tenzin Phuntsok, Mitarbeiter am Tibet Policy Institute in Dharamsala, Indien.

„Jetzt wird die gleiche Art von Regelung eingeführt und den Tibetern überall aufgezwungen“, kommentierte Phuntsok und bezeichnete die Kampagne als einen Versuch, die tibetische Religion und Kultur im Zuge der Sinisierung der Region gänzlich auszurotten.

Pema Gyal, einem Mitarbeiter von Tibet Watch in London, zufolge, fordern die chinesischen Behörden, daß junge Tibeter ihre Ausbildung an regulären Schulen abschließen sollten, bevor sie volljährig werden.

„In Wirklichkeit ist dies jedoch nichts anderes als ein Versuch der Kommunistischen Partei Chinas, die religiösen Institutionen Tibets zu assimilieren und junge Tibeter vom Studium ihrer eigenen Religion abzuhalten, indem ihnen von klein auf die chinesische kommunistische Doktrin eingebläut wird“.